Eicherscheid Der Dorfrat für das Golddorf Eicherscheid ist startklar. Mit neuen Organisationsstrukturen sollen praktische Wege aufgezeigt werden, wie man dem vielfach ausgezeichneten Ort mit seinen rund 1250 Einwohnern neue Impulse verleihen kann. Der beste Weg dorthin wurde am Mittwochabend bei der inzwischen sechsten Zukunftswerkstatt gesucht. Nach längerer Pause war die Beteiligung überraschend groß. Rund 60 Teilnehmer, darunter auch junge Leute und und neue Gesichter, hatten sich in der Tenne eingefunden, um vorhandene Dorfstrukturen und Zukunftsoptionen kritisch und konstruktiv unter die Lupe zu nehmen.
Am Ende des zweieinhalbstündigen Dialogs im Plenum lag dann als greifbares Ergebnis die Gründung eines sogenannten Dorfrates auf dem Tisch. Gleich ein Dutzend Anwesende trugen sich spontan auf eine Liste ein, die das noch zu gründende Gremium etablieren und handlungsfähig machen wollen. Im Dorfrat soll sich die Arbeit an konkreten Projekten orientieren, unabhängig von den Ortsvereinen und der Kommunalpolitik. „Diese Organisationsstruktur hat sich in anderen Dörfern bestens bewährt“, versicherte Andrea Drossard, die bei der Städteregion Aachen als Koordinatorin für dörfliche Projekte zuständig ist.
Treffpunkt erwünscht
Die erste Aufgabe für den Dorfrat Eicherscheid zeichnet sich bereits ab. Mehrfach wurde von den Teilnehmern der Mangel an gastronomischen Angeboten bzw. einem Treffpunkt im Dorf für Einheimische und Gäste beklagt. Fragmentarische Ideen wurden bereits in die Runde geworfen. Als wichtigster Punkt bei der Zukunftswerkstatt kristallisierte sich die Frage heraus, wie Eicherscheid sich besser selbst organisieren kann vor allem vor dem Hintergrund, dass das ehrenamtliche Engagement und das Wir-Gefühl auf dem Rückzug sei. Diesem überall zu beobachtenden gesellschaftlichem Phänomen möchte man in Eicherscheid effektiv begegnen. „Der Charakter des Dorfes wird sich verändern“, sagte einer der Teilnehmer, „aber das war schon immer so.“
„Der Charakter des
Dorfes wird sich
verändern, aber das war schon immer so.“
Ein Teilnehmer der Dorfwerkstatt Eicherscheid
Dörfliches Erbe bewahren und die Zukunft entwickeln, heißt es im Leitbild der Zukunftswerkstatt: In Eicherscheid soll diese Richtlinie kein Luftschloss bleiben. Dass die sechste Zukunftswerkstatt in Eicherscheid mehr als nur ein Plauderstündchen blieb, ist sicherlich auch ein Verdienst von Moderator Christoph Hebel. Der Professor für Stadt- und Raumplanung an der Fachhochschule Aachen unterstützt mit seinem Büro die Zukunftswerkstatt. Mit Eloquenz und Kompetenz gelang es ihm immer wieder, die Diskussion zu lenken und ergebnisorientiert auf den Punkt zu bringen. Unterstützt wurde er dabei von Ortsvorsteher Günter Scheidt und Ratsherr Dirk Mathey.
Stärken und Schwächen
Mit der Abfrage, was die Eicherscheider an ihrem Dorf ganz besonders schätzen, startete die Diskussionsrunde. Die Kirmes, das Lucia-Fest, das Vereinsleben, der Konsum, der neue Netliner, die Lage in der Natur, der Flurheckenweg, neue Ferienwohnungen, der Kindergarten, gewachsene Dorfstrukturen, die Dorfgemeinschaft als soziale Stärke, öffentliche Versammlungsstätten und aktive Nachbarschaftshilfe wurden da auf den bereit liegenden grünen Karten notiert und später an die Pinnwand geheftet. Diese positiven Aspekten wurden sogleich dann auf roten Karten die Schwächen gegenübergestellt: Das geringe gastronomische Angebot für Einheimische und Touristen, der schlechte gestalterische Zustand der Ortsdurchfahrt, die mangelhafte Ausschilderung der Wanderparkplätze, der fehlende Fahrradweg in Richtung Am Gericht, mangelnde Barrierefreiheit im öffentlichem Straßenraum, vernachlässigte Grünflächen, fehlende Müllbehälter, das dürftige Angebot an Bauflächen, aber auch der zu kleine Kindergarten, in dem nicht alle Eicherscheider Kinder Platz finden, wurden hier genannt.
Auch Zielvorstellungen gibt es reichlich: Eine neue Mitte für Eicherscheid wurde gewünscht, ebenso Wohnmobil-Stellplätze, ein Wasserspielplatz und mehr dorfgerechte Natur. Neue unterstützende Strukturen, die sich um die Belange des Dorfes kümmern, wurden als große Notwendigkeit herausgestellt (aus dieser Anregung folgte dann die erwähnte Schaffung des Dorfrates), und nicht zuletzt steht auch eine unabhängige energetische Versorgung Eicherscheids auf der Wunsch-Agenda.
„Wir sollten uns auf die Dinge konzentrieren, die auch machbar sind“, richtete Christoph Hebel den Blick auf umsetzbare Wünsche. Tourismus, die Gestaltung des öffentliches Raumes und neue bürgerschaftliche Organisationsstrukturen, erkannte er als Schwerpunkte. Diese Themenfelder nahmen dann auch breiten Raum in der Diskussion ein.
Ergebnisse festgehalten
Die Ergebnisse des Abends werden nun in einem Protokoll noch einmal komprimiert und anschließend den Teilnehmern, aber auch dem Simmerather Rathaus, zur Verfügung gestellt.
Gemeinschaftliches Engagement ist bereits in naher Zukunft in Eicherscheid wieder gefragt. Der städteregionale Wettbewerb „Unser Dorf hat Zukunft“ wird mit der Bereisung der teilnehmenden Dörfer vom 9. bis 20. Mai in die nächste Runde gehen. Bei dieser Konkurrenz möchte Eicherscheid wie gewohnt fleißig Punkte sammeln.