Arbeitskreis Geschichte ausgezeichnet

Arbeitskreis Geschichte Eicherscheid:

Das historische Gedächtnis des Dorfes

Eifeler Nachrichten 29.12.2020 – von Peter Stollenwerk

Ein Bild aus vergangenen Tagen: Nicht nur wie hier in den 1930er Jahren sondern auch noch viele Jahrzehnte später gehörte die Viehtrift über die Dorfstraße zum Alltagsleben in Eicherscheid.  Foto: Arbeitskreis Geschichte Eicherscheid

Eicherscheid Der Arbeitskreis Geschichte Eicherscheid plant im September 2021 die 600-Jahrfeier des Ortes aus der Gemeinde Simmerath. Diese zeichnete den Arbeitskreis mit dem ersten Platz beim Heimatpreis der Gemeinde aus.

Wie viele andere Vereine, Organisationen und Einrichtungen hatte sich auch der Arbeitskreis Geschichte Eicherscheid das jetzt ausklingende Jahr 2020 völlig anders vorgestellt und sich riesig auf das bisher größte und aufwendigste Fest in seiner noch jungen Geschichte gefreut. Anfang September sollte das 600-jährige Bestehen des Ortes gefeiert werden und einen unvergesslichen Höhepunkt im Dorfgeschehen 2020 darstellen. Ministerpräsident Armin Laschet hatte bereits seine Schirmherrschaft zugesagt, und die ersten Einladungen waren unterwegs.

Dann aber machte die Corona-Krise den Organisatoren einen fetten Strich durch die Rechnung, und frühzeitig fiel der Entschluss, die Feierlichkeiten um ein Jahr zu verschieben und auf das erste September-Wochenende 2021 zu verlegen (siehe Box). Aber dennoch wurde das bewegte Jahr 2020 für den Arbeitskreis mit einem besonderen Ereignis gekrönt: Die Gemeinde Simmerath zeichnete den Arbeitskreis Geschichte Eicherscheid mit dem ersten Platz des Heimatpreises 2020 aus. Die Verleihung des mit 3000 Euro dotierten Preises konnte allerdings coronabedingt nicht wie sonst im Rahmen des Ehrenamtstages der Gemeinde Simmerath stattfinden. So überbrachte Bürgermeister Bernd Goffart kurz vor Weihnachten den Preisträgern die frohe Botschaft auf telefonischem Weg.

„Neben der Aufarbeitung der Geschichte Eicherscheids und deren Veröffentlichung im Internet initiiert der Arbeitskreis weitere Projekte, wie das Aufstellen von Informationstafeln zur Historie und Aktivitäten gegen das Vergessen. Für die anstehende 600-Jahr-Feier von Eicherscheid wird an einer historischen Dokumentation gearbeitet und weitere Einzelprojekte des rührigen Arbeitskreises stehen zur Umsetzung an“, begründete der zuständige Kultur- und Sportausschuss der Gemeinde seine Wahl (– der zweite Platz unter den insgesamt vier Bewerbern ging übrigens an das Ortskartell Steckenborn 2004 e. V. für die Aufstellung von über 50 Hinweisschildern rund um den Ort Steckenborn mit alten Ortsbezeichnungen und Flurnamen).

Die öffentliche Würdigung und die Übergabe der vom Land zur Verfügung gestellten Heimatpreise soll zu einem späteren Zeitpunkt erfolgen. Die 3000 Euro Preisgeld für den Arbeitskreis Geschichte Eicherscheid werden nicht lange auf der hohen Kante liegen, wenn man einen Blick auf die anstehenden Aktivitäten wirft. Vier neue Infotafeln sollen im Ort aufgestellt werden. Dabei geht es um die Geschichte der alten Molkerei Eicherscheid, die Bedeutung der vier Kapellchen im Ort, das Schicksal der jüdischen Familie Kaufmann und um den historischen „Bekanntmachungs-Stein“, der in die Kirchenmauer eingelassen wurde. Fünf Infotafeln sind bereits im Ort aufgestellt worden.

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Weitere Infotafeln, wie beispielsweise zur Historie der vier Kapellchen in Eicherscheid, möchte der Arbeitskreis Geschichte demnächst errichten. Foto: Peter Stollenwerk

Der noch recht junge Arbeitskreis Geschichte gründete sich im Jahr 2012 mit dem Ziel, „die Dorfhistorie einer breiten Öffentlichkeit transparent zu machen“, erläutert Ludwig Siebertz, der Motor des Arbeitskreises, in dessen Reihen aktuell rund 30 lokalhistorisch interessierte Dorfbewohner aktiv sind. So sei es gelungen, viele Informationen öffentlich zu machen. „Unsere wichtigste Aufgabe sehen wir darin, dafür zu sorgen, dass das Wissen über die Dorfhistorie verbreitet wird und nicht in Aktenordnern auf Speichern schlummert“, ergänzt er.

So bildet inzwischen auch der umfangreiche Internetauftritt des Arbeitskreises mit seinen über 150 Seiten und über 1000 historischen und aktuellen Fotos das Kernstück der ortsgeschichtlichen Aufarbeitung. Das Augenmerk lag in den vergangenen Jahren in der Darstellung bestimmter Themenschwerpunkte wie der Entstehung und Entwicklung des Ortes, Landwirtschaft, Berufe, Gewerbe, Weltkriege, Veränderung der Ortslagen und Vereinsleben. Die Internetseite des Arbeitskreises bietet eine Fülle von Informationen, die Einblick in die Entwicklung, aber auch die aktuelle Situation des 1250-Seelendorfes Eicherscheid geben. Hier ist beispielsweise nachzulesen, dass im Jahr 2018 insgesamt 18 Vereine und Gruppen im Dorf aktiv waren und deren Vorstände und Mitglieder beachtliche 20.000 Stunden ehrenamtliche Arbeit leisteten.

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Als seine wichtigste Aufgabe sieht es der Arbeitskreis Geschichte Eicherscheid, die Dorfhistorie einer breiten Öffentlichkeit transparent zu machen, wie zum Beispiel bei dieser gut besuchten und von Ludwig Siebertz moderierten Infoveranstaltung im Oktober 2019 über die Evakuierung während des Zweiten Weltkrieges. Foto: Peter Stollenwerk

Es ist ferner nachzulesen, dass Mitte der 1930er Jahre in der damaligen Schule eine „Badeanstalt“ hergerichtet wurde, wohl auch, weil zur damaligen Zeit Duschen oder Badewannen in den Privathäusern Seltenheitswert besaßen. Um diese Zeit waren aus sittlichen Gründen auch noch die Schulhöfe nach Mädchen und Jungen getrennt. Auch erfährt man, dass in den 1930er Jahren in einem Gebäudetrakt am jetzigen Kindergarten ein „Knast“ für Tippelbrüder, die im Ort umherstrolchten, hergerichtet war. Die Landstreicher wurden nachts eingeschlossen und morgens wieder entlassen, weil in der Bevölkerung Angst vor Diebstahl oder Brandstiftung herrschte.

Die Internetseite zeichnet präzise die gesamte Historie des Ortes bis in die Neuzeit nach und informiert regelmäßig über das aktuelle Dorfgeschehen. Ebenso lesenswert wie aufschlussreich ist auch die Ortschronik, die beginnend im Jahre 1306 im Laufe der Jahrhunderte immer detaillierter wird. Besonders nachgefragt bei den Nutzern ist jedoch das umfangreiche Bildarchiv, das die jüngere Geschichte Eicherscheids dokumentiert und das ständig erweitert und ergänzt wird. So hat der Arbeitskreis Geschichte Eicherscheid in den erst wenigen Jahren seines Bestehens bereits eine beachtliche Fülle von Material zusammengetragen und gesichtet und als historisches Gedächtnis für den Ort Eicherscheid schon jetzt unschätzbare Dienste geleistet.

geschichte-eicherscheid.de

Der Ministerpräsident und seine Verbindung nach Eicherscheid

Die Gründung der Ortschaft Eytscheit (Eicherscheid) ist in historischen Schriften dokumentiert. Demnach ist davon auszugehen, dass die Vroenroter von Am Gericht nach Eicherscheid in der Zeit zwischen 1400 und 1420 umsiedelten. Die Gründe sind nicht dokumentiert, nur dass Froen-Roede (Am Gericht) „affgebrant syn“. Detaillierte Angaben finden sich auf der Internetseite des Arbeitskreises Geschichte.

Die um ein Jahr verschobene 600-Jahrfeier des Ortes Eicherscheid wurde auf den 4./5. September 2021 terminiert. Schirmherr des Jubiläumsfestes ist NRW-Ministerpräsident Armin Laschet. Die Auswahl des Schirmherrn erfolgte nicht zufällig. Der Urgroßvater von Armin Laschet war Lehrer in Hammer, und die Tante des Landesvaters lebte in Eicherscheid, so dass er regelmäßig zu Gast in der Eifel war.

Schwerpunkte des Festprogramms rund um die Tenne sind ein Handwerkermarkt, eine historische Film- und Fotodokumentation sowie Ritterspiele, eine Vorführung der Breiniger Böllerschützen und zahlreiche Aktivitäten der Dorfvereine. In Vergessenheit geratene landwirtschaftliche Tätigkeiten, eine Vorführung mit Kaltblütern und die Demonstration alter Handwerkskunst sind weiterhin Bestandteile des umfangreichen zweitägigen Programms.

 

 

 

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