Gibt es demnächst im Eicherscheider Konsum Tomaten, Salat und allerlei Gemüse, das zuvor in einem Eicherscheider Garten frisch geerntet wurden? Wie kann die Ortsdurchfahrt behutsam beruhigt werden? Wer hat noch alte landwirtschaftliche Geräte für ein kleines Museum in Eicherscheid? Kann das Gemeinschaftshaus an der Bachstraße erneuert und umgestaltet werden? Diese und noch viele anderen Fragen wurden in der „Zukunftswerkstatt“ erörtert, die sich bereits zweimal mit der Eicherscheider Zukunft befasst hat. „Jetzt geht es erst richtig los“, ist Rolf Westerheide sicher.
Der Diplom-Ingenieur vom RWTH-Institut für Städtebau und Landesplanung ist angetan von dem Schwung, den Eicherscheid erfasst hat. „Eicherscheid ist ein Feld, auf dem man etwas Neues schaffen kann.“ Viele Bürger sind bereit, an der Eicherscheider Zukunft mitzuarbeiten und sich dafür in die „Pflicht nehmen zu lassen“, freut sich Ortsvorsteher Günter Scheidt.Den Anstoß zur Diskussion um die Zukunft hat das Projekt „Bauliche Zukunft im Dorf“ gegeben. Im Projekt „Bauliche Zukunft im Dorf“ ist Eicherscheid neben Vlatten und Floisdorf eines der drei Modelldörfer in den Kreisen Aachen, Düren und Euskirchen, ausgewählt vom Kreis Aachen und von der RWTH Aachen, da vom Institut für Städtebau und Landesplanung. Mit Fachleuten der RWTH haben rund 30 Eicherscheider Bürger, Mitarbeiter der Verwaltung und Architekten eine kritische Bestandsaufnahme gemacht und phantasievolle Visionen entwickelt. Das Projekt „Die bauliche Zukunft“ im Dorf will innovative Ansätze entwickeln, um eine Zukunftswerkstatt
attraktive Baukultur in den Dörfern der Region Eifel zu initiieren und zu stärken.
Mit dem Rückzug der Landwirtschaft aus den Dörfern drohen auch die ländlichen Lebensweisen überformt zu werden. Dagegen sollen neue Gestaltungsleitbilder entgegengesetzt werden, es geht um Antworten auf heutige Bedürfnisse, um Leitbilder für die künftige Entwicklung.
Die Eicherscheider Dorflandschaft hat sich über Jahrhunderte entwickelt, sie hat ein „ungeheures Potenzial auch für den Erlebnis-Tourismus“, sagt Rolf Westerheide. Und so gehört der Tourismus auch zu den Themen, die nun angestoßen worden sind und künftig erörtert werden. Ortsvorsteher Günter Scheidt denkt da an Langlauf-Loipen im Winter, an Wanderwege rund um Eicherscheid und vom Venn her über Eicherscheid an den Rursee.
Eine weitere Perspektive für die Zukunft: Eicherscheid als Reiterdorf. Auf jeden Fall will Eicherscheid seine Ansprüche anmelden, wenn es um den Tourismus geht. Dazu kann auch die Direktvermarktung von Produkten gehören, die im Ort erzeugt werden. Denkbar ist, so ein weiteres Ergebnis der „Zukunftswerkstatt“, dass interessierte Bürger in einer Kooperation mit dem örtlichen Konsum anbieten, was ihr Garten so hergibt: Tomaten, Gemüse, Salat. Da wird angeboten, was es „so“ im Supermarkt nicht gibt. Notwendig ist allerdings ein Marketing-Konzept, um die Aktivitäten und Angebote bekannt und bewusst zu machen: Frisches Gemüse aus Eicherscheider Gärten im Eicherscheider Konsum.
Ein wichtiges Thema in der „Zukunftswerkstatt“ und in der künftigen Diskussion: Bauen und Bauland: „Durch starke Bautätigkeit der letzten Jahrzehnte mit Ausweisung vieler Neubaugebiete und dem Wunsch nach einem freistehenden Eigenheim auf der grünen Wiese führt dazu, dass die regionale Baukultur allmählich verschwindet. Bis heute entstehen überall gleichförmige, schematisch geplante Neubaugebiete. Sie sind austauschbar und lassen keinen regionsspezifischen Bezug mehr erkennen. Die Eifelregion wird mehr und mehr von solchen nicht integrierten Neubaugebieten geprägt. Befürchtet werden muss, dass dadurch die Eifel ihre Charakteristik verlieren kann“, heißt es in einer Anmerkung des TH-Institutes zum Projekt. Die Fachleute des TH-Institutes für Städtebau und Landesplanung deutlich gemacht: Eine völlige Bebauung des Innenbereiches (rund 85 Baulücken) sei nicht ersterbenswert, weil Eicherscheid so seinen typischen Charakter verlieren würde. Diese TH-Analyse sei ein wichtiges Argument in der Diskussion mit der Bezirksregierung in Köln, wenn es um neue Baugebiete gehe, sagte der Ortsvorsteher. „Reine Wohngebiete sind tödlich für den ländlichen Raum“, sagt Rolf Westerheide, der dafür plädiert, eine Mischnutzung zu erhalten, das Leitwort dazu: Leben und Arbeiten.
In der „Zukunftswerkstatt“ wurde deutlich herausgearbeitet, wie Jürgen Förster betont: Eicherscheid darf als Dorf nicht zugepackt werden mit Häusern, auch dürfe „nicht zu eng gebaut“ werden, wichtig sei, im Ort Grünflächen zu erhalten. Eben diese Grünflächen im Ort sind die „besondere Qualität“ von Eicherscheid. Jürgen Förster von der Bauverwaltung der Gemeinde Simmerath erläutert, wo denn in Eicherscheid Neubaugebiete denkbar sind (und demnächst auch in die Diskussion um den neuen Flächennutzungsplan eingebracht werden): im Bereich Belgenbach/Mühlengasse; untere Buschgasse Richtung Sportplatz; entlang der Wirtschaftsweges Buschgasse/In den Gassen, zwischen Förderschule und „Auf dem Scheidt“. Ausgeschlossen werden soll ein Neubaugebiet zwischen Kirche/Friedhof und Ortseingang.
Bürger gestalten ihr Dorf: Die Arbeit in der „Zukunftswerkstatt“ wird fortgesetzt. Denkbar ist, dass eine „Baufibel“ entwickelt wird, um Architekten und Bauherrn Tipps zu geben, wie und mit welchen Materialien in Eicherscheid ortstypisch gebaut werden kann. Angedacht ist auch ein „runde Tisch“ zur künftigen Gestaltung der Ortsdurchfahrt, die heute ein „trennendes Element“ ist. Die Dorfgemeinschaft, so Ortsvorsteher Günter Scheidt ist eingeladen, an der Zukunft von Eicherscheid mitzuarbeiten. Ein „Dorfrat“ soll eingerichtet werden, um die Arbeit und die Konzepte zu koordinieren. Der „Dorfrat“ wird den Ortsvorsteher in einer Arbeit unterstützen. Erörtert wird eine weitere Anregung: Der Kreis Aachen soll einen Ansprechpartner benennen, um auch die Kontakte zwischen Bürgern und Bürokratie zu koordinieren. Zunächst aber kommt am Dienstag, 20. Juni, die Landeskommission „Unser Dorf hat Zukunft“, um Eicherscheid von 17 bis 19 Uhr zu besichtigen und im Landeswettbewerb zu bewerten.