„Nicht auf unserer Vergangenheit ausgeruht“
Im Bauernmuseum konnte die Jury tief in das frühere ländliche Leben von Eicherscheid eintauchen. Foto: J. Claßen
Eicherscheid/Nordeifel Gleich dreimal durfte bei der digitalen Ergebnisverkündung des Dorfwettbewerbs 2022 in der Nordeifel über Gold gejubelt werden. Weiter geht es auf Landesebene aber nur für Eicherscheid.
Von Heiner Schepp Redakteur 31. Mai 22
Es hat am Ende ein bisschen was von olympischen Spielen, als die Städteregion Aachen am Montagabend die Platzierungen des Wettbewerbs „Unser Dorf hat Zukunft“ feierlich via Zoom-Konferenz öffentlich macht. Denn auf dem virtuellen Podium für Bronze, Silber und Gold nehmen am Ende der 45 Minuten je drei der insgesamt neun Nordeifeldörfer Platz, die sich im ersten städteregionalen Wettbewerb seit 2017 beworben hatten. Bronze gibt es (in alphabetischer Reihenfolge) für Dedenborn, Mützenich und Rurberg, Silber für Hammer, Rohren und Rott und schließlich Gold für Eicherscheid, Kesternich und Konzen. Natürlich steht über allem der olympische Gedanke „Dabeisein ist alles“, aber dass die Jubelstürme an diesem Abend eher verhalten ausfallen, ist auch der digitalen Form des Events und ein paar Tonproblemen geschuldet.
Freude über das Ergebnis, vor allem über die Entscheidung, wer auf Landesebene weitermachen darf, ist aber den kleinen Gruppen in Eicherscheid und Linden-Neusen anzusehen, die sich vor dem Bildschirm versammelt haben und gemeinsam mit knapp 80 weiteren Interessierten die Ergebnisbekanntgabe anschauen.
Doch bevor das Ranking verkündet werden kann, ist Moderatorin Mia Schiefer vom lokalen Radiosender Antenne AC angehalten, die Spannung noch etwas zu erhöhen, und lässt Interviewpartner zu Wort kommen: Andrea Drossard, führende Kraft des Wettbewerbs, erklärt noch einmal, worauf es beim diesjährigen Wettbewerb ankam, Norbert Lauffs vom Sponsor Sparkasse betont, warum dem Kreditinstitut die „Dorfolympiade“ wichtig ist. Und Städteregionsrat Tim Grüttemeier kommt – natürlich nur mit einem Augenzwinkern – in Erklärungsnot, warum sein Heimatdorf Venwegen nicht dabei ist.
Auch die Eicherscheider Landfrauen hatten für die Kommission eine kleine Präsentation vorbereitet und zeigten, wie in einem einst landwirtschaftlich geprägten Eifeldorf die Zukunft aussieht. Foto: J. Claßen
Dann aber ist es endlich so weit. Mia Schiefer liest, unterteilt in drei Blöcke und nochmals unterbrochen durch Interviews, die Platzierten und Sieger vor, jedes Dorf garniert mit einem charakterisierenden Zusatz wie „Seedorf mit der Promenade“ oder „Grenzdorf, das wie kein anderes Erntedank feiern kann“. Netter Versprecher: Bei den Bronzedörfern taucht auf einmal Schmidt auf, was aber durch Andrea Drossard umgehend in Schmithof korrigiert wird.
Am Ende steigert sich die Spannung dann noch einmal, denn nun verrät die Moderatorin, wer unter den Golddörfern, „die allesamt Spitzenklasse sind“, die meisten Punkte im Nordkreis und im Südkreis gesammelt hat. „Gold mit Auszeichnung und Teilnahme am Landeswettbewerb für Eicherscheid und Linden-Neusen“, heißt es schließlich.
Dirk Mathey, einer der Moderatoren der Eicherscheider Präsentation, zeigt Kommissionsleiterin Andrea Drossard ein Modell des Dorfes, das zwischen 1400 und 1420 als „Eytscheit“ gegründet wurde. Foto: J. Claßen
„Wir haben es uns natürlich erträumt, aber man steckt natürlich nicht so tief in den Kriterien des Wettbewerbs drin, als dass wir auf die meisten Punkte hätten hoffen können“, sagt Ludwig Siebertz, einer der großen Aktivposten der Eicherscheider Präsentation. Noch ehe er „sein“ Eicherscheid würdigt, lobt Siebertz „die ungemein starke Konkurrenz. Besonders Kesternich habe „mit seinem Dorfgemeinschaftshaus ein unheimliches Pfund auf die Waage gebracht, so wie wir mit der Tenne vor 25 Jahren“. Und Konzen sei „schon immer ein schönes und aktives Dorf“ gewesen, das nicht umsonst schon häufig vor Eicherscheid gelandet sei.
Dass nun das zwischen 1400 und 1420 als „Eytscheit“ gegründete Dorf wieder ganz oben auf dem Treppchen stehe, komme aber nicht unverdient. „Als wir uns vor drei Monaten trafen und überlegt haben, was sich eigentlich in den letzten fünf Jahren verändert hat, haben wir gemerkt, dass Eicherscheid da mehr vorzuweisen hat als nur seine jüngere Geschichte“, erzählt Ludwig Siebertz. Er zählt die umfangreiche Renovierung von Tenne und Pfarrheim, die Stolpersteine zum Gedenken an eine jüdische Familie, die tolle 600-Jahr-Feier, der Flurheckenweg und das barrierefreie Pflaster an der Kirche, die Infotafeln im Ort und das neue Flutlicht am Sportplatz auf und sagt anerkennend: „Schon eine Menge für ein 1200-Seelen-Dorf“, das darüber hinaus ein sehr aktives Dorf- und Vereinsleben pflege.
Auch mit dem Konsum als wieder aufstrebendes Nahversorgungszentrum, der vor acht Wochen gegründeten Zukunftswerkstatt und der Förderschule, die in den letzten fünf Jahren zu neuer Blüte gereift sei, habe man sicher punkten können bei der Kommission. „Man kann nicht immer eine Tenne oder ein neues Sportheim bauen und vorweisen; aber man kann zeigen, dass solche Einrichtungen auch unterhalten und genutzt werden“, sagt Siebertz, der aus einem guten Team den Ortsvorsteher hervorhebt: Günter Scheidt hat trotz seiner schweren Krankheit die Fäden in der Hand gehalten und große organisatorische Arbeit geleistet“, sagt Ludwig Siebertz.
Mit dem gesamten Team und der Dorfbevölkerung blickt man nun gespannt Richtung Spätsommer, denn zwischen dem 15. und 20. August wird die Landeskommission das Rheinland und damit auch Eicherscheid besuchen. Auch wenn es kein Vergangenheits-, sondern ein Zukunftswettbewerb ist, darf der Blick zurück Eicherscheid Mut machen: Schließlich darf das Dorf im Briefkopf allein auf Landesebene sechs Silber- und zwei Goldmedaillen (1997 und 2006) tragen.