Ortsvorsteher im Einsatz für den Wohlfühleffekt

Im Einsatz für den Wohlfühleffekt

Gemeinschaftlich werden in Eicherscheid viele Projekte gestemmt, damit das Dorf liebens- und lebenswert bleibt.

Eicherscheid Wenn Günter Scheidt mit dem Fahrrad seine Runde durch Eicherscheid dreht, grüßen ihn viele Leute, sprechen ihn an und teilen mit, was ihnen am Herzen liegt. Den Ortsvorsteher kennt eben fast jeder. Er ist der Ansprechpartner für Probleme aller Art. „Ich gucke immer wieder mal, wo was gemacht werden muss, oder welche Fortschritte sich ergeben haben. Das ist besser als zu warten, bis sich die Bürger melden. Aber natürlich nehme ich gerne auch Anregungen entgegen“, sagt der 71-Jährige und tritt in die Pedale seines E-Bikes.

Seit 17 Jahren ist er inzwischen Ortsvorsteher von Eicherscheid, seit 1999 vertritt der CDU-Politiker die Interessen des Dorfes als Mitglied des Gemeinderates. „Ich wollte etwas für die Menschen im Ort bewirken, Akzente setzen, Ideen einbringen und die Zukunft mitgestalten. Das ist als Ortsvorsteher besser möglich, deshalb wollte ich die Aufgabe übernehmen“, erklärt Scheidt seine Motivation.

Ungeschriebenes Gesetz

Bei der Fahrt durch den Ort fallen die vielen akkurat gepflegten Hecken ins Auge. „Hier gibt es das ungeschriebene Gesetz, dass die Hecken vor der Kirmes geschnitten werden. Da achtet eigentlich jeder drauf“, sagt Scheidt. Und dass das so ist, sieht man auch.

„Als Ortsvorsteher steht man manchmal auch in der Kritik. Damit muss man leben. Man kann es nicht immer jedem recht machen, auch wenn man es gerne möchte.“

Günter Scheidt,
Orstvorsteher von Eicherscheid

Den ersten Stopp legt Scheidt an der neuen Wildblumenwiese am Fronrather Weg ein. „Ich muss ja auch mal loben. Das sieht wunderbar aus. Letztes Jahr hätte man das ja so nicht erwartet“, sagt ein Mann, der mit seinem Hund vorbeikommt. „Dieses Jahr blüht es ja schön“, meint eine Anwohnerin, die den Dialog des Mannes mit dem Ortsvorsteher mitbekommen hat. Vier dieser Blumenwiesen wurden im Rahmen des Projektes „Dorfbiotop“ im vergangenen Jahr gemeinsam mit der Biologischen Station der Städteregion angelegt, eine weitere kam auf private Initiative in diesem Jahr hinzu.

Günter Scheidt lächelt zufrieden, denn in seiner Funktion erntet man nicht nur Lob. „Als Ortsvorsteher steht man manchmal auch in der Kritik. Damit muss man leben. Man kann es nicht immer jedem recht machen, auch wenn man es gerne möchte“, meint Scheidt.

Er ist in Eicherscheid geboren und dort aufgewachsen. Nach der Hochzeit wohnte er einige Jahre in Simmerath. Doch schon bald zog es ihn in den Heimatort zurück. Als Lehrer war er an einer Realschule in Stolberg tätig. „Natürlich habe ich auch mal daran gedacht, näher an die Arbeitsstelle zu ziehen. Das wäre aber nichts für mich gewesen. Ich bin lieber 40 Jahre lang gependelt“, sagt er.

Seine Eltern hatten einen landwirtschaftlichen Betrieb in Eicherscheid, und schon sein Vater war in der CDU. „Ich konnte mich mit dieser Politik identifizieren, zum Beispiel mit der des damaligen Bürgermeisters Heinrich Karbig. Außerdem gibt es hier im Ortsverband viele Unterstützer, so dass man sich bei Absprachen auf eine breite Mehrheit stützen kann“, erklärt Scheidt.

Es sind viele Dinge, die das Dorf für ihn so liebens- und lebenswert machen. „Mit den zahlreichen Hecken im und rund um den Ort haben wir ein Schmuckstück mit vielen grünen Flecken mittendrin, in dem man gerne lebt“, sagt er. Die Grundlage für das soziale Dorfleben ist für ihn die Vereinsarbeit. „Das Wir wird groß geschrieben. Die Menschen engagieren sich in den Vereinen, und die Vereine stemmen die Projekte gemeinsam“, sagt Scheidt und zählt eine Reihe von Beispielen auf: die Festhalle „Tenne“, die Reithalle, das Sportheim, der Kunstrasenplatz und das Pfarrheim. Die meisten der rund 1250 Einwohner sind in mehreren Vereinen Mitglied, es gibt rund 2500 Mitgliedschaften. „Das ist einfach so.“

Grundstücke gesucht

Offensichtlich ist das Leben in Eicherscheid nicht nur für den Ortsvorsteher interessant. Freie Grundstücke werden dringend gesucht. Etwa zweimal die Woche klingelt bei Scheidt deswegen das Telefon. Es sei feststellbar, dass viele junge Leute, die den Ort beispielsweise für ein Studium verlassen hätten, gerne zurückkehren würden und bereit seien, längere Strecken zu pendeln. „Die Gemeinde hat aber keine Grundstücke mehr vorrätig. Wir sind deswegen in Gesprächen mit einigen Eigentümern“, sagt Scheidt.

An vielen Stellen im Dorf legen Ehrenamtler fleißig Hand an, etwa bei der Pflege der Beete an den Kapellen oder den Begrüßungsschildern an den Ortseingängen. Die Ortsgruppe des Eifelvereins kümmert sich um die 47 Wegekreuze, die alten Viehtränken am Rande des Ortes sowie um Bänke und Tische für die Wanderer. Auch das Ehrenmal wurde mit der Unterstützung von Ehrenamtlern saniert, finanzielle Zuschüsse haben dabei geholfen. Die Sanierung und die Erweiterung des Kindergartens sind ebenfalls so gut wie abgeschlossen.

„Das wird ein feines Zuhause für die Kinder“, sagt Scheidt und verweist darauf, dass die Freiwillige Feuerwehr das Gebäude übernommen hat und es bewirtschaftet. „Es ist besser, wenn das in den Händen von Leuten aus dem Dorf liegt als von einem Investor abhängig zu sein“, meint der Ortsvorsteher. Ehrenamtler waren es auch, die den Dorfladen wieder auf einen guten Weg gebracht haben. „Vor einigen Jahren stand der mal auf der Kippe“, sagt Scheidt.

Viele haben geholfen

Als der Ortsvorsteher mit seinem Fahrrad an dem großen Spielplatz in der Mitte des Dorfes anhält, zeigt er auf das neue große Spielgerät, das Fußballtor, die Tischtennisplatte und die natürlich von Ehrenamtlern errichtete „Matschküche“. „Mit Hilfe der Gemeinde und Sponsoren konnten wir den Platz wieder aufwerten und damit zum Wohlfühleffekt beitragen. Viele Eltern haben dabei geholfen. Das hat sich gelohnt. Auf diesen Spielplatz sprechen mich öfter auch Besucher aus anderen Orten an“, sagt Scheidt.

Weiter geht es zum Sportplatz des Fußballvereins Germania Eicherscheid. Da werden mit Mitteln aus dem Förderprogramm „Moderne Sportstätte 2022“ und mit Unterstützung der Gemeinde ein behindertengerechter Zugang zur „Germania-Ecke“ und ein Anbau des Sportheims verwirklicht, in dem eine Toilette für Menschen mit Handicap und ein neuer Schiedsrichterraum Platz finden werden. Der 73-jährige Helmut Kell ist dort gerade mit den Pflasterarbeiten beschäftigt. Er ist einer von vielen, die mitanpacken. Mehr als 100 Arbeitsstunden hat er so schon für die Allgemeinheit geleistet. „Entweder machen wir das hier richtig oder gar nicht“, meint er und greift schon nach dem nächsten Pflasterstein.

Die Festhalle „Tenne“ gleich nebenan hat einen neuen Boden erhalten, und das Dach wurde ausgebessert. „Hier wurde ein fast sechsstelliger Betrag investiert. Wir freuen uns schon, dort wieder feiern zu können“, sagt Scheidt.

Trotz aller Erfolge sieht der Ortsvorsteher noch an vielen Stellen kleineren und größeren Handlungsbedarf. Darüber soll im Rahmen einer bereits länger geplanten Dorfwerkstatt gesprochen werden, die sich am Leitbild des Ortes orientieren wird: „Die Zukunft gestalten, das Erbe bewahren.“ „Wichtig ist, dass dabei viele, sehr gerne auch junge Leute, zusammenkommen und ihre Ideen einbringen, um die Lebensqualität hier weiter zu verbessern, auch wenn das auf hohem Level nicht so einfach ist“, sagt Scheidt.

Anfang September will man in Eicherscheid das 600-jährige Bestehen des Ortes feiern. „Dafür hat der Arbeitskreis Geschichte an einigen Stellen schon Infotafeln aufgestellt und Informationen auf seiner Internetseite gesammelt“, erklärt Scheidt.

Mobilität jetzt und in Zukunft

Am Kindergarten würde der Ortsvorsteher gerne „Tempo 30“ sehen, einen entsprechenden Antrag hat er schon gestellt. „Das liegt jetzt an der Verkehrskommission.“ Zudem hat er bauliche Veränderungen an den Ortseinfahrten beantragt, um schnelles Fahren zu verhindern. Ein anderes Anliegen sind bessere Verbindungen zum Vennbahn- und zum Rurufer-Radweg. „Das ist sicher nicht so schnell zu bewältigen. Aber das wünsche ich mir schon länger“, sagt Scheidt. Und dann ist da noch der Netliner, der im kommenden Jahr in der Gemeinde Simmerath verkehren soll. „Damit das Hinterdorf auch bedient wird, habe ich in Absprache mit dem Ortsverband gleich zusätzliche Haltestellen am Fronrather Weg beantragt“, sagt der Ortsvorsteher noch, bevor er sich wieder auf das E-Bike schwingt und sich auf die Suche nach weiteren Aufgaben macht.

Info

600-jähriges Bestehen wird gefeiert

Die Feierlichkeiten zum 600-jährigen Bestehen des Ortes sollten eigentlich im September 2020 stattfinden. Wegen der Corona-Pandemie wurde das Fest verschoben und wird jetzt am Samstag, 4. September, und Sonntag, 5. September, nachgeholt.

Bis auf den Festkommers am Sonntagvormittag finden alle Veranstaltungen draußen statt. Die Besucher erwartet an beiden Tagen rund um die „Tenne“ an der Bachstraße ein umfangreiches Programm.

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